Sympra – die Startup-Story

Es war im Herbst 1991, als Helmut v. Stackelberg und ich uns überlegten, uns selbstständig zu machen. Nach gemeinsamen Jahren in der Pressestelle von Standard Elektrik Lorenz (später Alcatel, jetzt Nokia) und zwei Jahren Zusammenarbeit in der PR-Abteilung einer Werbeagentur, waren wir sicher, dass wir auch „unser eigenes Ding“ machen könnten.

An Weihnachten 1991 verabschiedeten wir uns von der Werbeagentur, und gleich nach Neujahr 1992 starteten wir mit Sympra. Unser Geschäftsmodell: Public-Relations-Beratung und Unterstützung für Unternehmen. Das sollte sich auch in der Langversion unseres Firmennamens ausdrücken, mit dem wir heute noch offiziell registriert sind: Gesellschaft für systematische und marktorientierte PR-Arbeit (wobei das „s“ für Stackelberg und das „m“ für Mathauer und Malone, unsere Kollegin und Mitgründerin, stehen).

Wir bezogen ein kleines Büro im Gewerbegebiet in Echterdingen, statteten es mit einigen Möbeln von der Metro aus. PCs und Drucker, eine Telefonanlage – arg viel mehr hatten wir anfangs nicht und brauchten wir auch nicht. Die ersten Visitenkarten waren selbstgebastelt. Wir hatten das Glück, dass wir mit dem Kundenstamm starten konnten, den wir bereits in der Werbeagentur betreut hatten. Darunter war ein Unternehmen, das Software für Architekten herstellte; ebenfalls ein Startup, wenngleich deutlich größer als wir und mit schnellem Wachstum. Das war gut, denn das PR-Budget stieg entsprechend an. Außerdem unterstützten wir die Presseabteilung unseres ehemaligen Arbeitgebers, des Telekommunikationsanbieters, der uns 23 Jahre lang treu bleiben sollte. Auf dieser Basis konnten wir aufbauen.

Wir waren schnell zu viert, wenige Monate später zu sechst, dann zu acht usw. Bereits nach einem guten Jahr war unser Büro zu klein, und wir nutzten die Gelegenheit, die freie Etage über uns mit 250 qm komplett zu beziehen. Unser 10-jähriges Bestehen feierten wir dann bereits in der Stafflenbergstraße, wo wir jetzt unseren 25. Geburtstag begehen.

Okay, stimmt so, aber …

 … tatsächlich kann man die Story auch ein bisschen anders erzählen. Nämlich so: Im Herbst 1991 merkten wir, wie schief die Schieflage der Werbeagentur wirklich war. Die Zukunft dieses Unternehmens war … eingeschränkt rosig. Wir überlegten, ob das Outsourcing unserer PR-Abteilung eine Option sein könnte. Ich war damals 27 Jahre alt, experimentierfreudig, hatte wenige Verpflichtungen und Lust, den Schritt in die Selbstständigkeit zu probieren.

Auch wenn die Kunden, die wir in der Werbeagentur betreut hatten, alle zu uns gekommen wären – mit keinem Kunden hatte die Agentur einen schriftlichen Vertrag geschlossen, es gab für uns keine Nachfolger und schließlich war es den meisten Kunden egal, unter welcher Marke „ihre“ Betreuer sie beraten – wollten wir verhindern, dass es zu Missstimmungen oder gar zu juristischen Auseinandersetzungen kommt. Also hatten wir einer Provisionsregelung zugestimmt, deren Trageweite wir damals als Gründer nicht so recht überrissen hatten. (Zum Glück – für uns – musste die Werbeagentur sechs Monate später Insolvenz anmelden, womit die Provisionszahlungen endeten.)

Wir hatten ursprünglich vor, unsere Kunden als Gruppe von Einzelberatern zu betreuen, jeder „seine“. Leistungen von Kollege zu Kollege sollten per internem Verrechnungssatz fakturiert werden, Leistungen wie Kopierer oder die Miete sollte eine Servicegesellschaft übernehmen. Dass dieses Prinzip nicht klappt, merkten wir schon nach wenigen Wochen.

Mit Buchhaltung hatte keiner von uns so recht was am Hut, trotz wirtschaftswissenschaftlichem Studium. Wir kopierten das System der Rechnungsnummern, wie wir es von der Werbeagentur her kannten. Obwohl wir ein kleiner Laden waren, verloren wir schnell den Überblick – und vermutlich auch Geld, weil wir vergaßen, Rechnungen zu stellen etc. (Bei der Werbeagentur lief das ähnlich, und das war bestimmt mit ein Grund für deren Ende.) Wir reagierten auf die Anzeige eines Buchhalters, der sich soeben selbstständig gemacht hatte und seine Leistungen offerierte. Bis heute kümmert er sich um unsere Buchhaltung – Gottseidank!

Eine befreundete Steuerberaterin riet uns dringend, eine GmbH zu gründen, damit wir einen sauberen und sicheren Rahmen hätten, um unserem Geschäft nachzugehen. Am 23. April 1992 wurde die Sympra GmbH offiziell ins Amtsregister eingetragen. Für die Vertragsgestaltung leisteten wir uns einen richtig guten Anwalt einer für uns eigentlich viel zu großen Kanzlei. Dieser Aufwand hat sich gelohnt, denn ein durchdachter Vertrag gibt Sicherheit – auch wenn man ihn eigentlich gar nicht braucht bzw. gerade darum!

Wir hatten Erfolg von Anfang an. Wir haben vieles nicht falsch gemacht. Mit der Erfahrung von 25 Jahren als Unternehmer weiß ich heute, dass ich einige anders machen würde. Damals gab’s aber keine Gründerzentren, in denen man sich vernetzen kann, keine Mentoren, die einen in der Anfangszeit begleiten, keine Akzelerationsprogramme, die einen schneller nach vorne bringen. Oder wir haben sie einfach nur nicht gefunden. Oder glaubten, sie nicht zu brauchen. Ich bin mir da nicht mehr sicher.

Und was rate ich heute einem Gründer?

Ich habe den Schritt zum Entrepreneur nie bereut. Kommilitonen haben Karriere gemacht in Banken und Unternehmen, verdienen zum Teil viel mehr als ich. Ich habe die Verantwortung für meine Firma, meine Mitarbeiter – wenn die Agentur den Bach runterginge, würde dies mein Privatvermögen erheblich belasten. Alle meine Kollegen können kündigen, ich nicht. Die 40-Stunden-Woche steht in meinem Geschäftsführervertrag, die schaffe ich nur sehr selten (außer, die Woche hat einen Feiertag). Trotzdem gehe ich seit 1992 ausnahmslos jeden Tag gerne ins Büro. Also: Wer es wirklich will, der sollte es auch machen!

Selbstständigkeit mangels Alternativen halte ich für schwierig.
Selbstständigkeit, obwohl man doch lieber die Vorzüge eines Angestellten haben möchte, halte ich für aussichtslos.

Wer seine eigene Firma gründen will, der sollte unbedingt das Beratungsangebot von IHKen, Gründerzentren, Inkubatoren und was es noch so alles gibt, annehmen. Gute Verträge zwischen den Gesellschaftern, mit Mitarbeitern, mit Kunden und Lieferanten sind Gold wert. Eine funktionierende Administration von Anfang an ist ein Muss. Der finanzielle Aufwand lohnt leider. Wir haben an einigen Stellen unnötigerweise Lehrgeld bezahlt oder auf Umsatz verzichtet.

Und schließlich: Auch wenn man alles besser macht als wir damals, vermeintlich alles richtig: Fehler lassen sich nicht ausschließen. Enttäuschungen übrigens auch nicht. Solange das alles nicht existenzbedrohend ist, härtet es ab und erweitert den Erfahrungsschatz.

Das gilt übrigens nicht nur für die Gründungsphase, sondern auch noch nach 25 Jahren.

Heather Malone, Veit Mathauer, Helmut v. Stackelberg: Agenturgründung in Zeiten wild gemusterter Krawatten.

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Über den Verfasser

Veit Mathauer ist einer der beiden Geschäftsführer von Sympra. Wirtschaftswissenschaftler, Journalist, PR-Mensch, Boardmitglied im internationalen Public Relations Network (PRN) und Blogger. Ansonsten auch in den einschlägigen sozialen Netzwerken zu finden.

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Kommentare zu diesem Post

Hubert

Oh, herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Dann wünsche ich grandiose Feiern!

Veit Mathauer

Danke, Hubert!

Julia

Vielen Dank für den spannenden Einblick. Ich hatte schon wieder vergessen, wie sich der Name sympra zusammensetzt. Ich freue mich, dass ich, wenn auch nur für begrenzte Zeit, Teil dieser 25 Jahre sympra sein durfte!

Helmut v. Stackelberg

Lieber Veit, zu meiner aktiven Zeit an Deiner Seite haben wir ja ab und zu festgestellt, dass wir dazu tendieren, die Sympra-Geschichte unterschiedlich zu erzählen. Nicht dass wir Fakten verdreht oder gar irgendwelchen Blödsinn dargestellt hätten - es geht, wie wir in der PR ja wissen, manchmal auch nur darum, was man nicht erwähnt oder wo man einen besonderen Schwerpunkt setzt. Aber: Hinter diesem Text stehe ich voll und ganz. So war es. Es hat mir Spaß gemacht, ihn zu lesen, und einige Erinnerungen wieder aufgeweckt. Ich würde den Schritt in die Selbstständigkeit mit Heather und Dir wieder wagen, wenn ich ins Jahr 1992 zurückversetzt würde. Es war definitiv die schönste Phase meines Berufslebens.