…denn die Kommunikation der Zukunft ist: Dialog
Auf einer Pressekonferenz hat es schon einmal vorkommen können, dass die für einen Vorstand mit viel Aufwand ausgeklügelte Kommunikation engagiert hinterfragt wurde. Ein Journalist hat aufgepasst, kritisch nachgefragt und insistiert. Das mag für die Profis von der Unternehmenskommunikation kurzzeitig ärgerlich sein. Aber so ist das, wenn es einen unmittelbaren Rückkanal gibt – ein Lackmustest unter Realbedingungen. PR ist aufgrund der Tatsache, dass es diesen Rückkanal stets gegeben hat, auf Dialog und kritisches Hinterfragen eingestellt und entsprechend qualifiziert.
Und PR musste daher schon immer tiefer einsteigen, sich inhaltlich mit Branchen, Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen auseinandersetzen, um mögliche Schwächen und Fallstricke zu erkennen. Sie musste sensibel den Kontext der Kommunikation prüfen, kritische Erwiderungen antizipieren und dann entsprechende Argumente entwickeln. Schlichtweg, um vorbereitet zu sein. Eine wasserdichte Vorbereitung ist eben stets nur dann möglich, wenn man sich mit den vermeintlichen Details intensiv beschäftigt. Kurzum: PR hat sich schon immer tiefer hineingearbeitet, hat stets den Dialog geplant und geführt und ist immer schon Gestalter und Produzent von Inhalten gewesen.
Planner und Strategen aus Werbeagenturen dürften nun anmerken, sie hätten sich auch immer intensiv mit einem Thema beschäftigt. Gekauft. Mit Trends, den Zielgruppen und ihrer semiometrischen Heimat haben sie sich auseinandergesetzt. Aber vor der neuen Kraft und Macht der Social Media mussten sie noch keinen Widerspruch fürchten. Auf einen TV-Spot oder eine Anzeige konnte man eben nur eingeschränkt antworten. Und wenn man die Werbung im kleinen Kreis kritisiert hat, dann war es eben nur ein kleiner Kreis. Das hat sich geändert – massiv.
Gute PR geht weiter. Gut meint hier, dass entgegen dem Vorurteil eben nicht gemogelt und verschwiegen wird, sondern dass aufrichtig und ernsthaft mit dem Gesprächspartner umgegangen wird. Dazu gehört auch die Fähigkeit zur Selbstkritik, die Glaubwürdigkeit schafft. Ein schlechtes Produkt kann nicht als Wunderwerk verkauft werden. Deshalb muss die PR für eine erfolgreiche Kommunikation auch immer wieder gestalterisch und optimierend in die Unternehmenswirklichkeit eingreifen, bestenfalls bevor die Kommunikation(skampagne) beginnt. Es muss – gerade z.B. bei Krisenprophylaxe – gelten: Bevor die Fassade hell gestrichen wird, muss zunächst die Substanz renoviert werden. Oft muss in solchen Fällen die Unternehmenswirklichkeit angepasst bzw. mitgestaltet werden, so dass die dann folgende Kommunikation authentisch und überprüfbar dieser Wirklichkeit entspricht. Nur so kann sie kritischen Fragen standhalten. In kritischen Situationen haben PR-Profis diesen Einfluss auf Augenhöhe gehabt und haben ihn immer noch. Sie sind damit prädestiniert, künftig noch viel mehr gehört zu werden und sich viel stärker bei der Optimierung von Unternehmenswirklichkeiten einzubringen.
PR hat den Dialog mit Multiplikatoren gelernt
Markenkommunikation wird immer mehr zum Dialog. Marken lassen sich kaum noch zentral steuern, da einem „da draußen“ Zehntausende die Steuerung abnehmen. Auf Facebook, StudiVZ, MySpace etc. geben Involvierte und Engagierte kund, wie sie die Marke sehen. Sie prägen ein neues und womöglich ganz anderes Markenbild, als es den Marketing-Verantwortlichen vorschwebt. Sie sagen, was sie mögen oder was ihnen nicht passt. Sie können Kampagnen verstärken oder zerreißen. Einer sendet. Der andere erwidert. Der Dritte stimmt zu, negiert, ergänzt, kommentiert. Dies tut er nicht nur wie früher am Stammtisch, sondern gegenüber Hunderten, ja Tausenden oder gar Zehntausenden. Das könnte man Dialog „über Bande“ oder Dialog „mit Multiplikation“ nennen. Und PR hat diesen gelernt. Und vor allem hat PR gelernt, diesen Dialog kontinuierlich, also nicht auf eine Kampagne begrenzt, zu führen, denn Unternehmenskommunikation würde gar nicht anders denn als permanenter Dialog funktionieren.
PR-Profis haben daher die Grundfähigkeit, Kommunikation so zu gestalten, dass sie einem kritischen Dialog standhält. Ja, sie haben das Vermögen, die Dialogfunktion zu nutzen, um die wesentliche Botschaft wider alle kritischen Anmerkungen zu vermitteln. Und sie haben die Erfahrung und das Know-how, schnell auf dynamische Prozesse, auf Veränderungen des Umfelds zu reagieren und dann die Kommunikation anzupassen.
Der PR-Profi hat das Zeug zum Generalisten
Wenn es PR-Profis nun schafften, diese in ihrer Disziplin stets geforderte Fähigkeit zum kritischen Dialog nicht nur beizubehalten, sondern sogar auf die Nachbar-Disziplinen zu übertragen, dann könnte ihnen ein großer Teil der Zukunft gehören. Der PR-Profi hat das Zeug, sich zum Generalisten, zum wirklich integrierten Berater zu entwickeln – zum Unternehmensberater mit Kommunikationsschwerpunkt und mit PR-Herkunft. Und PR-Agenturen haben die Chance, sich – glaubhaft – zu 360-Grad-, zu integrierten Full Service-Agenturen zu entwickeln. Damit übertragen sie ihre in der Vergangenheit herausgebildete Dialogkompetenz, ihre Fähigkeit zur Produktion und Gestaltung von anregenden und involvierenden Inhalten sowie ihren Ansatz, stets tiefer einzutauchen, auf die anderen Disziplinen sowie auf Social Media-Kommunikation. Und diese Chance sollten PR-Profis und -Agenturen ergreifen. Eben auch, weil Social Media kein Werbekanal sind. Auch Direktmarketing oder Event haben nicht die Kompetenz und Erfahrung, die Klaviatur der Social Media zu spielen. In allen Disziplinen und gerade in Social Media sind mehr und mehr Dialog und Inhalte gefragt, die „Engagement“ erzeugen. PR-Profis können das wie kein anderer.
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