Canossa oder the politics of dancing

20131216_Eier_Kruppert_Cubalaya1Eine beeindruckende Farbpalette. Charakteristische Struktur oder klassisch glatt. Strapazierfähiges, aber weitgehend natürliches, angenehmes Material. Kurz: Ein tolles Produkt, genauso geeignet für den Einsatz im Wohnungsbau wie für die Ausstattung öffentlicher Gebäude. Sogar in Bus und Bahn geht es weltweit auf Reisen. Darüber hinaus von den Architekten geliebt. Und zwar auch von denen mit den großen Namen, international.

Der „Schon-zu-80-Prozent-Kunde“ wollte für sein Meisterstück nationale und internationale PR von uns gemacht haben. Die Konzepte für Deutschland und -zig Länder rund um den Globus waren entworfen und lagen an zwei Stellen zur Abstimmung vor. Wir waren startklar – und warteten nur noch auf das Go. Und trippelten eigentlich auch schon ein bisschen: Ja, vor lauter Freude über ein schönes Projekt. Aber vor allem auch, weil die ersten Messen vor der Türe standen und die Zeit ein wenig knapp wurde. Doch es geschah nichts. Rein gar nichts.Von unserem direkten Ansprechpartner war nichts gehört. Und da dieser unser Sprachrohr zum zweiten Verantwortlichen war, war von diesem ebenfalls nichts zu hören. Was tun? Noch öfter als die gefühlt 138,5-mal wollten wir nicht bei unserer Kontaktperson nachhaken. Also beschlossen wir, die Mauer des Schweigens zu untertunneln, und direkt beim zweiten Herrn anzufragen.

Es war der Stich ins Wespennest. Denn wir ahnten nichts von den im Unternehmen unterschwellig ablaufenden politischen Schachzügen, nicht zu vergessen die damit verbundenen persönlichen Animositäten. Kurz und ungut: Unser Ansprechpartner Nummer 1 tobte! Zu Recht, denn dass wir mit unserem Konzept nicht weiterkamen, lag tatsächlich nicht an ihm. Der, der mauerte, war genau besagter zweiter Herr. Und zwar scheinbar nur, um Ersterem unternehmenspolitische Steine in den Weg zu legen. Und während unser eigentlicher Ansprechpartner noch versuchte, über andere Kanäle von der Geschäftsleitung grünes Licht für das Kommunikationskonzept zu bekommen, torpedierten wir quasi rücklings seine Bemühungen. Die Kunst des unternehmenspolitischen Eiertanzes ist eine äußerst sensible …

Nun, wir bekamen letztlich den Auftrag. Und es war ein schönes, auf mehrere Jahre angelegtes Projekt. Schließlich ist es auch ein tolles Produkt. Mit einer beeindruckenden Farbpalette. Charakteristisch strukturiert oder klassisch glatt. Von den Architekten geliebt. Allerdings bekamen wir den Zuschlag erst nach dem unangenehmsten Entschuldigungsbesuch meines Lebens: ein wahrer Gang nach Canossa.

Bild: Wikimedia/Kruppert

Über die Verfasserin

Martina Hönekopp ist Senior Consultant bei Sympra und betreut u. a. Themen aus Wissenschaft, Automotive und Anlagenbau. Ende der 1990er-Jahre begann sie ihre berufliche Karriere bei Sympra, wechselte nach sechs Jahren auf Redaktionsseite (Staatsanzeiger, Schwäbischen Tagblatt). Seit 2012 wieder bei Sympra.

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