Auf der Mitgliederversammlung unseres Agenturverbunds PRN vor ein paar Tagen in London traf ich mit Ian Glover zusammen, dem Marketingmanager von Bloodhound SSC. Noch nie etwas gehört von diesem Projekt, das viele Engländer zurzeit fast so sehr in Bann zieht wie das Royal Baby? Ging mir bis dahin gleich. Nun bin aber auch ich fasziniert von diesem Vorhaben.
Worum geht’s?
Englische Ingenieure wollen den Landgeschwindigkeitsrekord brechen und bauen zurzeit an einem Raketenauto, dem Bloodhound Super Sonic Car, das erstmals schneller als 1.000 Meilen pro Stunde – das entspricht mehr als 1.600 km/h – fahren soll. Der Rekord soll Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres in einer südafrikanischen Wüste aufgestellt werden. 135.000 PS wird das Fahrzeug haben; das ist so viel wie die Leistung von 90 Formel-1-Boliden. Und es wird in 55 Sekunden von 0 auf 1.000 mph beschleunigen. Dafür sorgen ein Raketen- und ein Jettriebwerk, die zurzeit auf einem ehemaligen Flugplatz in Cornwall getestet werden. Der eingebaute 750-PS-starke V8-Cosworth-Motor, der normalerweise Rennwagen antreibt, dient bei diesem Geschoss lediglich dem Betrieb von Treibstoffpumpe und Wagenhydraulik.
Ein Projekt für Autoverrückte und Geschwindigkeitsfanatiker? Auf jeden Fall. Aber es ist noch viel mehr: Der Wagen wird von englischen Ingenieuren und einem Konsortium aus ebenfalls englischen Unternehmen entwickelt und gebaut. Damit bekommt das Projekt auch eine politische Komponente, ist es doch zu einem Symbol englischer Ingenieurskunst und der Fähigkeiten der nationalen Hightechindustrie avanciert. Kein Wunder also, dass das Ganze auch eine große Public-Relations-Kampagne für das britische Ingenieurswesen ist. Premierminister David Cameron empfing das Bloundhound-Team unlängst in 10 Downing Street, vergangene Woche nahm ein Modell des Raketenautos in London an der Parade „Best of Britain’s Motor Industry“ teil, mehr als 17.000 Interessierte halten sich über Facebook auf dem Laufenden, es gibt zahlreiche Blogs (u. a. vom Piloten Andy Green) und eine Fülle spektakulärer YouTube-Videos. Als virtuelles 3D-Modell kann man sich den Bluthund auf den eigenen Schreibtisch projizieren.
Das Projekt soll vor allem aber auch dazu beitragen, in England Schüler für technische Berufe zu begeistern. So gab es an vielen Schulen des Königreichs Wettbewerbe, bei denen Modellautos mit Raketenantrieb gebaut werden mussten, Schüler in Südafrika haben das Design des Fahrerhelms entworfen. Mit einigen Universitäten läuft ein Open-Innovation-Programm, um das Fahrzeugdesign weiter zu optimieren.
Mich beeindruckt das Projekt, weil es zum einen ein Hightechthema auf eine sehr emotionale Weise an die Zielgruppen bringt. Zum anderen sorgt eine sehr professionelle – in vielen Bereich ehrenamtlich erbrachte – Öffentlichkeitsarbeit dafür, dass eine nationale Begeisterung für den Bloodhound Super Sonic Car entsteht.
Ob es dem Team gelingt, mit dem Wagen eine Meile (1,6 Kilometer) in nur 3,6 Sekunden zurückzulegen – und damit erheblich schneller als eine Pistolenkugel? Man darf gespannt sein!
Fotos: Siemens NX und Bloodhound SSC
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