Pictures speak louder than words…

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Vielleicht kennen Sie das auch: Sie besuchen eine Konferenz, auf die Sie sich schon lange gefreut haben. Das Thema ist – eigentlich – absolut spannend, weswegen Sie ja schließlich extra angereist sind. Aber spätestens, nachdem die Keynotes vorüber sind und die B-Redner vortragen, stehen Sie kurz vor dem PowerPoint-induzierten Wachkoma.

Auch Kaffee hilft nicht mehr.

In Ihrer Not lassen Sie den Blick im Raum schweifen. Und plötzlich sehen Sie Bewegung. An der Rückwand fällt Ihnen der „Graphic Recorder“ ins Auge, der eifrig über den Tag hinweg das Gesagte verdichtet und in visueller Form auf einem wandfüllenden Plakat verewigt. In der Pause schauen Sie sich das Ganze aus der Nähe an und stehen vor einer bunten Melange aus Bildern und Text, welche die wesentlichen Botschaften und Diskussionspunkte in ansprechender Weise dokumentiert. Eine Essenz, die begeistert. Man könnte sagen: in Farbe und in Stereo. Und plötzlich ist er wieder da, der Spaß an der Sache. Wir haben den Strategie- und Innovationsexperten Dr. Stefan Pastuszka, der bei seiner Arbeit moderne Visualisierungstechniken nutzt, zu seinen Erfahrungen befragt:

Graphic Recording ist nur eine von vielen Spielarten aus dem breiten Spektrum der Visualisierung, die sich in den letzten Jahren allerdings wachsender Beliebtheit erfreut. Woran liegt das, Dr. Pastuszka?

Visualisierung in Form von Graphic Recording ist spritzig, hip, und – nach den PowerPoint-Schlachten der letzten Jahre – irgendwie erfrischend anders. Das mit dem Stift auf Papier Festgehaltene hat etwas Echtes, Anfassbares und Bleibendes. Man könnte das Ergebnis gewissermaßen zusammenrollen und mit nach Hause nehmen – auch wenn sich die meisten damit begnügen müssen, es nur zu fotografieren. Hinzu kommen die Macht der Bilder, die Gestaltung mit Farbe und die oftmals beeindruckende Größe des Bildes bei erstaunlichem Detailreichtum. Im Gegensatz zum Text können uns Bilder nämlich auf einer subliminalen Ebene berühren und Inhalte in der Kürze eines Wimpernschlages transportieren, die ansonsten exzessive verbale Beschreibungen erfordern würden.

Wie müssen wir uns die Arbeit eines Visualisierers genau vorstellen?

Das verbal Abstrakte wird von einem Visualisierer durch eine bildhafte Darstellung konkretisiert und für alle Anwesenden auf die gleiche Ebene gebracht. Er hat die schwierige Aufgabe, alles auf das Wesentliche zu fokussieren. Inhalte lassen sich somit prägnant, frisch und bunt präsentieren. Zudem können Diskussionspunkte live in das Gesamtbild mit eingearbeitet werden, wodurch die Teilnehmer sich selbst und ihre Beiträge wertgeschätzt sehen, denn sie haben das Bild sichtbar und bleibend mitgestaltet. Selbst zu identischen Themen sind die Ergebnisse somit nie gleich. Ich selbst arbeite gerne auf der großen Fläche und habe bislang ausschließlich positives Feedback meiner Teilnehmer geerntet.

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Wann empfiehlt es sich aus Ihrer Sicht, Visualisierungstechniken einzusetzen?

Oftmals geht es im Business darum, ein gemeinsames Bild zu entwickeln, eine Basis für Kommunikation zu schaffen und ‚buy-in‘ zu generieren. Daher bieten sich die modernen Methoden der Visualisierung nicht nur für große Konferenzen an, sondern sind z. B. auch für die gemeinsame Erarbeitung von Ergebnissen in Workshops oder ganz generell für die Prozessbegleitung interessant. Wir Menschen sind im Allgemeinen eher visuell orientierte Wesen. Ein Drittel unserer unbewussten Gedankenprozesse befassen sich mit der Auswertung und Interpretation visueller Reize. Die Rechenpower unseres Hirns, mit der wir Texte bewusst intellektuell erfassen und bewerten können, ist dagegen deutlich geringer. Die Methodik bietet sich also insbesondere für Themen an, die in sich komplex sind oder emotionale Ebenen berühren. Sie sind aber auch geeignet, um einfach mal frischen Wind in Präsentationen und Workshops zu bringen.

Wie schon anfangs erwähnt gibt es ja ein breites Spektrum an Visualisierungsmöglichkeiten. Stehen diese denn in Konkurrenz zueinander?

Nein, sie sind keine Konkurrenten – es kommt eher auf die Aufgabenstellung an! Die Spielarten der Visualisierung reichen von Präsentation bis Dokumentation, von unidirektional bis interaktiv, vom Erkunden bis zum Entwickeln, von Kleinformaten über Flipchart-Größe bis zum Wandbild. Für jede Aufgabenstellung muss, wie aus einem Werkzeugkasten, die passende Variante ausgewählt werden. Dabei liegt die Lösung oft auch in der Kombination von digitaler und analoger Arbeitsweise. Wie immer gilt: Es gibt nicht die eine ideale Lösung für Alles, aber es gibt für alles eine passende Lösung. Ich empfehle daher, Visualisierung einfach mal auszuprobieren. Vielleicht kann das die kommende Konferenz oder den kommenden Workshop erfrischend auflockern.

Machen wir! Vielen Dank, Herr Pastuszka!

 

pastuszka_portraitDr. Stefan Pastuszka

Stefan Pastuszka ist Experte für Strategieentwicklung, Innovation und die Kommunikation komplexer Sachverhalte. Der promovierte Physiker war in verschiedenen Funktionen für den Telekommunikationsnetzausrüster Alcatel-Lucent und den Technologiekonzern Heraeus aktiv, wo er die Konzernstrategie und Technologiefrüherkennung weiterentwickelte. Sein Fokus ist es, neue Wege zu finden. Dazu verbindet er in seinen Projekten breite Business-Erfahrung aus zahlreichen Märkten mit technologischem Verständnis und kreativen Ansätzen.

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Über die Verfasserin

Veronika Höber ist Geschäftsführerin von Sympra.

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