Vernetzt Feinstaub fressen

… das macht Moos laut Dénes Honus, Architekt, Urban Designer und CEO des GreenTech-Unternehmens CityTree, am liebsten. Und NOx-Partikel und was sonst noch an schädlichen Stoffen in der typischen Stadtluft herumwabert herausfiltern auch. Dass das so ist, hat Honus vergangene Woche auf der Veranstaltung „Roadmap Umwelttechnik“ der Agentur Umwelttechnik BW in Stuttgart vorgestellt. Ich hatte an diesem prall gefüllten Vortragsnachmittag  teilgenommen, um mich in Sachen Technologien und Trends zu informieren.

 

Moos-Wand in Krefeld, Copyright Green City Solutions

Warum das Moos das so gerne macht: Keine Ahnung – aber jeder hat ja so seine Vorlieben. Dem erstaunlichen Konsumverhalten des Mooses sind Wissenschaftler der Universität Stuttgart auf die Spur gekommen sind. Die Ergebnisse ihrer Forschung sind die Grundlage für die einigermaßen provisorische Moos-Wand, die seit Kurzem an der Neckarstraße in Stuttgart steht, dem Feinstaub-Hotspot der Stadt und laut Medienberichten auch Baden-Württembergs – und ja: auch deutschlandweit! Leider fällt diese Innovation beim Vorbeifahren aus Bad Cannstatt kommend Richtung Innenstadt so gar nicht ins Auge, selbst wenn man mit Tempo 30 vorbeizuckelt. Denn sie wird von einer unspektakulären grünen Stoffbahn verdeckt, die das Moos vor UV-Strahlung abschirmt.

Technisch viele Meilen weiter

Doch während in Stuttgart gekleckert wird, ist Honus‘ Startup-Unternehmen mit Sitz in Berlin schon Meilen weiter. Und zwar richtig professionell. Er und seine Kollegen haben auf Basis der Stuttgarter Forschungsergebnisse eine Hightech-Moos-Wand entwickelt bzw. designt, die nicht nur zuverlässig und ausgesprochen effektiv unerwünschte Schadstoffe aus der Luft filtert, sondern auch noch gut aussieht. Sozusagen ein moderner Moos-Arbeitsplatz, der sich zugleich als stadtgestalterisches Element nutzen lässt. Und das zugleich – ganz im Sinne von Digitalisierung und IoT – auch noch mit der IT-Zentrale der jeweiligen Moos-Hüter vernetzt ist. Die sehen dann aufgrund der bei ihnen eingehenden Daten, zum Beispiel welche Mengen an Feinstaub aus der Luft herausgefiltert wurden. Oder aber auch, ob’s dem Moos noch gut geht oder ob ihre kleinen grünen Mitarbeiter an Wassermangel oder einer UV-Licht-Dröhnung leiden.

Dass so eine derart vollvernetzte Moos-Operation-Basis ihren Preis hat, liegt auf der Hand. Was aber den Gemeinderat der Stadt Tübingen nicht davon abgehalten hat, zu klotzen statt zu kleckern: Vergangenen Donnerstag haben die Ratsmitglieder beschlossen, den Tübinger Feinstaub-Hotspot, die Mühlstraße, mit einem dieser doppelwandigen Moos-Elemente auszustatten. Mal sehen, wann Stuttgart die Chancen dieser cleveren Kombination aus IoT und Natur erkennen.

Foto: Green City Solutions

Über die Verfasserin

Martina Hönekopp ist Senior Consultant bei Sympra und betreut u. a. Themen aus Wissenschaft, Automotive und Anlagenbau. Ende der 1990er-Jahre begann sie ihre berufliche Karriere bei Sympra, wechselte nach sechs Jahren auf Redaktionsseite (Staatsanzeiger, Schwäbischen Tagblatt). Seit 2012 wieder bei Sympra.

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